Mattensplitter

Die Aufstiegspflicht muss weg

Geschrieben von Thomas Meyer

Die diesjährige Mannschaftssaison in NRW startete unter unbekannten Vorzeichen. Das neue Ligensystem stand bzw. steht nach wie vor auf dem Prüfstand. Man kann festhalten, dass die verstärkte Regionalität in den Leistungsklassen überwiegend positive Rückmeldungen erfährt. Die erhöhte Zahl an Lokalderbys und teilweise auch gestiegenen Zuschauerzahlen sprechen vorerst dafür, dass dieser Schritt grundsätzlich in die richtige Richtung ging.

Eines großen Problems konnte sich der RV NRW jedoch nicht entledigen: Die vom DRB auferlegte Aufstiegspflicht für den Oberligameister lastet nach wie vor schwer auf den Schultern der Verantwortlichen und der Vereine.

Wie im Vorjahr wird durch die Aufstiegspflicht das Wettkampfgeschehen in der Endphase der Oberliga zu einer Farce. Von den vier Teams, die in der Zwischenrunde um den Einzug ins Finale gekämpft haben (oder besser gesagt: kämpfen sollten), stellte lediglich der KSV Simson Landgraaf eine komplette Mannschaft. Dies verwundert auch nicht, schließlich sind unsere Freunde aus den Niederlanden als einzige aus dem Quartett nicht aufstiegsberechtigt. Landgraafs Zwischenrundengegner vom TV Essen-Dellwig dagegen hatte in der jüngeren Vergangenheit schon schmerzhafte Erfahrungen durch Rückzüge machen müssen. Daher hat der Club früh genug die Reißleine gezogen und zweimal an der Waage den Sieg hergeschenkt.

Noch abstruser ging es im zweiten Halbfinale zwischen dem KSK Neuss und der TSG Herdecke zu: Beide Vereine traten zweimal unkomplett an und trennten sich im Hin- und Rückkampf jeweils 0:0. Hier musste laut DRB-Sonderbestimmungen der Finalist per Los ermittelt werden, welches schließlich die Neusser als „glücklichen Gewinner“ auserkoren hat. Mit einem Sechser im Lotto dürfte der Verein dieses Los wohl kaum gleichsetzen.

Der AC Mülheim 92, der 2017 ebenfalls beinahe aufgestiegen wäre, hatte auf eine andere Strategie gesetzt. Die Kölner hatten während des gesamten Saisonverlaufs zwei in etwa gleichwertige Mannschaften auf die Matte geschickt. Damit konnte man in der Oberliga trotzdem gut mithalten, denn immerhin geht es in der Platzierungsrunde noch um Platz fünf. Mit der Zweitvertretung dagegen waren die Domstädter kaum zu schlagen und stehen nun im Finale der Landesliga. Das Publikum bekam ohne Zweifel attraktive und niveauvolle Landesligakämpfe zu sehen, doch dürfte sich die Begeisterung der Konkurrenz ob der Wettbewerbsverzerrung sehr in Grenzen gehalten haben. Die Auswirkungen der Aufstiegspflicht haben damit sogar die Landesliga erreicht.

Die Vereine müssen hier in Schutz genommen werden: Das Abenteuer Bundesliga ist für sie einfach nicht realisierbar, denn sowohl finanziell als auch sportlich ist der Aufwand zu groß. Wie auch unser Präsident Jens Nettekoven bekräftigt, kann man den Vereinen daher keinen Vorwurf machen. Dies sei erst einmal klar gestellt. Darüber muss man nicht diskutieren. Ende. Dass Nettekoven sich über die Entwicklungen dennoch sehr enttäuscht zeigt, ist ihm wohl ebenso wenig zu verübeln wie den Vereinen ihr Verhalten. Schließlich steht die Oberliga gerade vor einer massiven Zerreißprobe.

Doch was tun? Dem RV NRW sind die Hände gebunden, denn die maßgeblichen Statuten zu ändern steht außerhalb seiner Macht. Der DRB muss dagegen handeln. So schnell wie möglich. Und so effektiv wie möglich. Es kann nicht in seinem Interesse sein, dass die Glaubwürdigkeit und Wertigkeit des Ringens so sehr leiden muss, wie das im Augenblick bei uns der Fall ist. Es tut allen in der Seele weh, die mit unserem Sport eng verbunden sind! Die einen wünschen sich wieder eine 2. Bundesliga, die anderen dagegen plädieren für Aufstiegsrecht anstatt -pflicht. Und nicht nur wir in NRW, sondern auch andere Landesverbände sind betroffen.

Trotz aller Probleme wurde am 12. Kampftag jedoch auch gerungen und dabei teilweise wirklich schöner Sport gezeigt.

Die Teilnehmer am Final-Six, dem zentralen Finaltag am 15.12. in Bonn, stehen nun fest. Wenn auch der Endkampf der Oberliga zwischen Landgraaf und Neuss auf besagt dubiose Weise zustande kommt, so treffen in der Landesliga mit dem KSV Witten 07 II und dem AC Mülheim 92 II zwei starke Teams aufeinander. Die Wittener waren am letzten Kampftag erstmals wirklich gefordert, als sie in Aldenhoven beim 25:15 genauso viele Punkte abgeben mussten wie im gesamten Saisonverlauf zuvor.

Die Bezirksligabegegnungen versprechen ebenfalls noch einiges an Spannung. Ein Besuch des Turnieres in Bonn am 15.12. sollte somit für alle Fans dennoch einen Besuch wert sein.